💧Wasserqualität & -aufbereitung im Detail

Die chemischen Grundlagen und praktischen Methoden zur Optimierung deines Gießwassers.

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Die Essenz des Wassers im Cannabisanbau

Wasser ist das Lebenselixier deiner Cannabispflanzen. Es transportiert nicht nur Nährstoffe zu den Wurzeln, sondern ist auch direkt an der Photosynthese und der Aufrechterhaltung des Zelldrucks beteiligt. Die Qualität deines Gießwassers hat einen direkten und oft unterschätzten Einfluss auf die Gesundheit deiner Pflanzen und die Effizienz der Nährstoffaufnahme.

Diese Seite vertieft dein Verständnis der wichtigsten Wasserparameter – pH-Wert und EC-Wert – sowie die Details zur Art deines Ausgangswassers und dessen optimaler Aufbereitung. Für grundlegende Bewässerungsstrategien siehe unsere Seite Bewässerungsstrategien & Techniken.

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Der pH-Wert & Pufferkapazität im Detail

Der pH-Wert ist ein Maß für den Säuregrad (niedriger pH) oder die Alkalität (hoher pH) einer wässrigen Lösung, basierend auf der Konzentration von Wasserstoffionen (H+). Die Skala ist logarithmisch, d.h. ein pH-Wert von 6 ist zehnmal saurer als ein pH-Wert von 7.

Pufferkapazität (Karbonathärte/Alkalinität)

Die Pufferkapazität des Wassers, oft durch seine Karbonathärte bestimmt, beschreibt dessen Fähigkeit, pH-Wert-Änderungen zu widerstehen. Wasser mit hoher Karbonathärte (hohe Alkalinität) enthält viele Bikarbonate, die Säuren neutralisieren und den pH-Wert stabilisieren. Das bedeutet, es wird mehr Säure (pH-Down) benötigt, um den pH-Wert zu senken, und der pH-Wert neigt dazu, nach der Anpassung wieder anzusteigen.

Auswirkungen des pH-Werts auf Nährstoffionen

Ist der pH-Wert im Wurzelbereich zu hoch oder zu niedrig, können bestimmte Nährstoffe chemisch ausfallen oder in eine für die Pflanze nicht aufnehmbare Form umgewandelt werden, selbst wenn sie ausreichend vorhanden sind. Dies führt zu Nährstoff-Lockouts und Mangelerscheinungen. Jeder Nährstoff hat einen spezifischen pH-Bereich optimaler Verfügbarkeit (siehe Nährstoffmanagement).

pH-Anpassung und Messung

Verwende hochwertige digitale pH-Messgeräte (regelmäßig mit Pufferlösungen pH 4 & 7 kalibrieren und korrekt lagern!). Zur Anpassung eignen sich Phosphorsäure (für Blüte) oder Salpetersäure (für Vegi) als pH-Senker und Kaliumhydroxid als pH-Heber. Zitronensäure ist als organischer pH-Senker weniger stabil und nicht für Hydrokulturen/Coco mit mineralischen Düngern empfohlen.

Der EC-Wert & Ionen-Balance im Detail

Der EC-Wert (Electrical Conductivity) misst die Fähigkeit einer Lösung, elektrischen Strom zu leiten, was direkt von der Konzentration gelöster ionischer Salze (Nährstoffe) abhängt. Er wird in mS/cm (Millisiemens pro Zentimeter) oder µS/cm (Mikrosiemens) angegeben.

EC vs. TDS (ppm)

TDS (Total Dissolved Solids, gemessen in ppm - parts per million) ist eine andere Methode, die Gesamtmenge gelöster Feststoffe anzugeben. Die Umrechnung von EC zu ppm variiert je nach verwendetem Konversionsfaktor (z.B. 0.5, 0.64, 0.7 – Hanna, Eutech, Truncheon Skalen). Der EC-Wert in mS/cm ist der direktere und wissenschaftlich präzisere Messwert.

Analyse des Ausgangs-EC

Der EC-Wert deines Leitungswassers gibt Aufschluss über dessen Grundbelastung. Typische Ionen sind Kalzium (Ca²⁺), Magnesium (Mg²⁺), Natrium (Na⁺), Chlorid (Cl⁻), Sulfat (SO₄²⁻) und Bikarbonat (HCO₃⁻). Ein hoher Ausgangs-EC (>0.7 mS/cm) kann problematisch sein, da er den "Platz" für die gewünschten Düngesalze reduziert und zu einer unausgewogenen Nährstoffzusammensetzung führen kann (Antagonismen).

Nährstoff-Balance

Hochwertige Düngemittel sind so formuliert, dass sie ein ausgewogenes Verhältnis der Nährstoffe für die jeweilige Pflanzenphase liefern. Das Verständnis, wie sich einzelne Komponenten auf den Gesamt-EC auswirken und wie dieser über den Zyklus angepasst wird, ist entscheidend für die Vermeidung von Über- oder Unterdüngung.

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Wasseraufbereitung im Detail

Ausgasen von Chlor

Leitungswasser wird oft mit Chlor desinfiziert. Chlor kann nützliche Mikroorganismen schädigen. Lasse das Wasser mindestens 24 Stunden in einem offenen Behälter stehen, damit das freie Chlor ausgasen kann.

Aktivkohlefilter

Entfernen effektiv Chlor, Chloramin (das nicht leicht ausgast), viele organische Verunreinigungen, Pestizidrückstände und verbessern Geschmack/Geruch. Sie entfernen jedoch KEINE gelösten Mineralien (Härte, Salze, EC-Wert wird kaum reduziert). Es gibt Blockfilter und Filter mit Aktivkohlegranulat.

Umkehrosmose (RO)

Eine Membranfiltrationstechnik, die nahezu alle (ca. 95-99%) gelösten Salze, Schwermetalle, Chlor, Fluorid, Bakterien und Viren aus dem Wasser entfernt. Produziert Wasser mit einem EC-Wert nahe Null. Vorteil: Maximale Kontrolle über die Nährstoffzusammensetzung. Nachteile: Erzeugt Abwasser (Verhältnis oft 1:2 bis 1:4 von Rein- zu Abwasser), Membranen müssen gewartet/getauscht werden, erfordert zwingende Remineralisierung.

Remineralisierung von RO-/Destilliertem Wasser

Da RO-Wasser keine Mineralien enthält, muss es immer remineralisiert werden, bevor Dünger zugegeben wird. Verwende einen hochwertigen Kalzium-Magnesium-Zusatz (z.B. CANNA CALMAG AGENT), um einen Basis-EC von ca. 0.3-0.4 mS/cm zu erreichen. Dies sättigt den Kationenaustauschkomplex von Coco-Substrat und stellt sicher, dass Ca und Mg pflanzenverfügbar sind. Ohne diesen Schritt kommt es zu massiven Mangelerscheinungen.

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Problemdiagnose durch Wasseranalyse

Eine Wasseranalyse deines lokalen Versorgers (oft online verfügbar) kann wertvolle Hinweise geben. Achte auf:

  • Gesamthärte / Karbonathärte: Gibt Aufschluss über die Pufferkapazität und den Kalkgehalt.
  • pH-Wert des Leitungswassers.
  • Elektrische Leitfähigkeit (EC).
  • Kalzium- und Magnesiumgehalt: Wichtig für die Anpassung der CalMag-Zugabe.
  • Natrium- und Chloridgehalt: Hohe Werte können für Pflanzen toxisch sein.
  • Sulfatgehalt.
  • Ggf. Angaben zu Schwermetallen (sollten im Trinkwasser unbedenklich sein).

Bei wiederkehrenden, unerklärlichen Nährstoffproblemen trotz korrekter Düngung und pH/EC-Einstellung der Nährlösung kann die Ursache in der Qualität des Ausgangswassers liegen.

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Wassertemperatur & Gelöster Sauerstoff (DO)

Die Temperatur deiner Nährlösung ist kritisch.

  • Optimal: 18-22°C. In diesem Bereich ist die Nährstoffaufnahme am effizientesten und der Gehalt an gelöstem Sauerstoff (DO) am höchsten.
  • Zu kalt (<16°C): Verlangsamt den Stoffwechsel der Wurzeln, reduziert die Nährstoffaufnahme (besonders P, Mg) und kann zu Stress führen.
  • Zu warm (>24-25°C): Der Gehalt an gelöstem Sauerstoff sinkt rapide, was das Wurzelwachstum hemmt und das Wachstum von anaeroben, pathogenen Keimen (wie Pythium, Wurzelfäule) begünstigt.
  • Sauerstoffanreicherung: Luftsteine in einem Nährstoffreservoir können helfen, den DO-Gehalt zu erhöhen, besonders wenn die Wassertemperatur tendenziell etwas höher ist. Eine gute Umwälzung der Lösung ist ebenfalls wichtig.