Neben Licht ist das Klima im Anbauraum der entscheidende Faktor für gesunde, ertragreiche Cannabispflanzen. Ein stabiles Mikroklima, das an die jeweilige Wachstumsphase angepasst ist, minimiert Stress, beugt Schädlingen und Krankheiten vor und ermöglicht den Pflanzen, ihr volles genetisches Potenzial zu entfalten. Die wichtigsten Klimaparameter sind Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit (RH), das Dampfdruckdefizit (VPD) und ein ausreichender Luftaustausch.
Die präzise Steuerung dieser Parameter ist ein Kennzeichen professionellen Anbaus und wird in unseren SOPs, insbesondere in der Harzlok-Rotation, detailliert behandelt.
Cannabispflanzen haben je nach Phase unterschiedliche Temperaturpräferenzen. Extreme oder stark schwankende Temperaturen stressen die Pflanzen und können zu Wachstumsstörungen oder Ernteeinbußen führen.
Ideale Temperaturbereiche (Tag/Nacht):
- Keimung (in Anzuchtbox/Mini-Gewächshaus): Konstant 23-26°C. Eine Heizmatte kann hier sehr hilfreich sein.
- Sämlinge & Jungpflanzen (vegetative Phase):
- Tag (Licht an): 22-27°C
- Nacht (Licht aus): 18-22°C (eine leichte Nachtabsenkung ist natürlich und förderlich)
- Blütephase:
- Frühe Blüte/Stretch (BW 1-3): Tag 22-26°C / Nacht 18-22°C
- Hochblüte (BW 4 bis ~2 Wo. vor Ernte): Tag 21-25°C / Nacht 18-21°C
- Spätblüte/Reifephase (letzte 2 Wochen): Tag 20-24°C / Nacht 17-20°C (kühlere Nachttemperaturen können die Ausprägung von Farben und die Harzproduktion bei manchen Sorten fördern).
- Trocknung: Konstant 18-20°C (maximal 21°C).
Wichtig: Vermeide Temperaturen dauerhaft unter 15°C (hemmen Nährstoffaufnahme, besonders Phosphor) oder über 30-32°C (Hitzestress, reduzierte Photosynthese).
Steuerung der Temperatur:
- Abluftventilator: Hauptwerkzeug zur Temperaturkontrolle. Ein regelbarer Lüfter (EC-Lüfter oder AC-Lüfter mit Stufentrafo/Controller) ist ideal, um die Abluftleistung an die Temperatur anzupassen.
- Raumtemperatur: Die Temperatur des Raumes, in dem das Zelt steht, hat großen Einfluss. Ggf. Raum heizen oder kühlen.
- Beleuchtung: LEDs erzeugen weniger Abwärme als NDL/HPS. Die Abwärme der Lampe muss bei der Lüftungsplanung berücksichtigt werden.
- Heizmatten/Heizlüfter: Für Anzuchtboxen oder bei sehr kalten Umgebungen. Heizlüfter niemals direkt ins Zelt oder auf Pflanzen richten (Brandgefahr, Austrocknung). Immer mit Thermostat verwenden!
- Bodenisolierung: In kühlen Räumen (Keller) den Boden unter dem Zelt mit Styroporplatten (mind. 2-3cm) isolieren.
Die relative Luftfeuchtigkeit (RH) ist das Verhältnis der tatsächlich in der Luft enthaltenen Wasserdampfmenge zur maximal möglichen Menge bei einer gegebenen Temperatur. Zu hohe oder zu niedrige RH kann Probleme verursachen.
Ideale RH-Bereiche nach Phase:
- Keimung (in Anzuchtbox/Mini-Gewächshaus): 70-85% (hohe RH verhindert Austrocknen der Samen/Keimlinge).
- Sämlinge & Jungpflanzen (vegetative Phase): 60-70%.
- Blütephase:
- Frühe Blüte/Stretch (BW 1-3): 50-60%.
- Hochblüte (BW 4 bis ~2 Wo. vor Ernte): 45-55%.
- Spätblüte/Reifephase (letzte 2 Wochen): 40-50%. Eine niedrigere RH in der Spätblüte ist entscheidend zur Prävention von Budrot (Grauschimmel)!
- Trocknung: Erste 3 Tage ca. 50-55% RH, danach konstant 55-60% RH (maximal 62%).
Steuerung der Luftfeuchtigkeit:
- Luftbefeuchter: Bei zu niedriger RH (oft im Winter durch Heizungsluft oder in der frühen Vegi-Phase). Ultraschall-Befeuchter sind gängig. Idealerweise mit Hygrometersteuerung und destilliertem/Osmosewasser betreiben, um Kalkablagerungen zu vermeiden.
- Luftentfeuchter: Bei zu hoher RH (oft in der Blütephase oder bei hoher Umgebungsfeuchte). Wichtig für Schimmelprävention. Ebenfalls ideal mit Hygrometersteuerung.
- Abluftventilator: Erhöhte Abluftleistung senkt die RH im Zelt.
- Pflanzenmasse & Gießmenge: Viele Pflanzen und feuchtes Substrat erhöhen die RH.
Das Dampfdruckdefizit (VPD) ist ein präziserer Indikator für das Wohlbefinden der Pflanze als RH allein. Es beschreibt den "Sog" der Luft auf das Wasser in den Blättern und beeinflusst direkt die Transpirationsrate, die Nährstoffaufnahme und das Wachstum.
VPD verstehen:
- Ein niedriger VPD-Wert (Luft ist feucht, geringer "Sog") kann die Transpiration und Nährstoffaufnahme reduzieren und das Schimmelrisiko erhöhen.
- Ein hoher VPD-Wert (Luft ist trocken, starker "Sog") kann zu übermäßiger Transpiration, Stress und Nährstoffbrand führen.
- Der optimale VPD ist phasenabhängig.
Typische VPD-Zielwerte (in Kilopascal, kPa):
- Sämlinge/Klone (in Anzuchtbox): 0.4 - 0.8 kPa
- Vegetative Phase: 0.8 - 1.2 kPa
- Blütephase: 1.0 - 1.6 kPa (gegen Ende der Blüte eher im oberen Bereich dieses Spektrums, um die RH niedrig zu halten).
Nutze Online-VPD-Rechner oder -Tabellen: Gib deine aktuelle Zelt-Temperatur und RH ein, um deinen VPD-Wert zu ermitteln. Passe dann Temperatur und/oder RH an, um in den Zielbereich zu gelangen. Eine präzise Steuerung von Temperatur und RH (mittels Controller für Lüfter, Be- und Entfeuchter) ist hierfür ideal.
Ein optimales VPD-Management ist ein Schlüssel zu maximaler Pflanzengesundheit und Ertrag im professionellen Anbau und wird in der Harzlok-Rotation stark berücksichtigt.
Ein kontinuierlicher Luftaustausch und eine gute Luftfilterung sind essentiell für ein gesundes Grow-Klima.
Abluftsystem (Geruchskontrolle & Klima):
- Dimensionierung: Die Leistung des Abluftventilators (in m³/h) sollte das Zeltvolumen (Länge x Breite x Höhe in Metern) mindestens 30-60 Mal pro Stunde austauschen können. Beispiel: Zelt 1m x 1m x 2m = 2m³. Benötigte Leistung = 2m³ x 60 = 120m³/h (minimal, bei LED eher mehr einplanen wegen Wärme und RH-Kontrolle).
- Regelbarer Lüfter: Ein EC-Lüfter oder ein AC-Lüfter mit Stufentransformator/Controller ermöglicht die Anpassung der Leistung an die Klimabedingungen.
- Aktivkohlefilter (AKF): Unverzichtbar zur Geruchsneutralisation. Muss zur Lüfterleistung passen und regelmäßig (meist alle 6-12 Monate) getauscht werden. Vorfilter des AKF regelmäßig reinigen.
- Abluftführung: Die gefilterte Abluft muss IMMER sicher nach draußen oder in einen sehr großen, permanent und exzellent durchlüfteten Raum geleitet werden, um Feuchtigkeits- und Schimmelprobleme im Wohnraum zu verhindern!
Zuluft (Frische CO₂-Versorgung):
- Erfolgt meist passiv durch die unteren Öffnungen des Zeltes, angetrieben durch den Unterdruck des Abluftsystems.
- Zuluftfilter: Ein Filter an den Zuluftöffnungen (mindestens Staubfilter, besser EPA E10 / ISO ePM1 70-80% oder sogar HEPA H13/H14 für die Harzlok-Rotation) ist sehr empfehlenswert, um das Eindringen von Staub, Schädlingen, Pollen und Pilzsporen zu reduzieren.
Umluft (Luftbewegung im Zelt):
- Mehrere kleine, oszillierende Clip-Ventilatoren sorgen für eine sanfte, aber konstante Luftbewegung im Zelt.
- Vorteile: Stärkt die Pflanzenstiele, verhindert Hitzestau unter der Lampe, bricht feuchte Mikroklimata auf (Schimmelprävention), sorgt für gleichmäßige CO₂-Verteilung an den Blättern.
- Wichtig: Ventilatoren niemals direkt auf die Pflanzen richten, um Windbrand zu vermeiden.
CO₂-Supplementierung: Ist für die meisten Heimanbauer nicht notwendig oder praktikabel und birgt Risiken bei unsachgemäßer Anwendung. Eine gute Frischluftzufuhr und ein funktionierender Luftaustausch reichen in der Regel aus, um den CO₂-Bedarf der Pflanzen zu decken.