✂️Pflanzentrainingstechniken im Detail

Optimiere Wuchsform, Lichtausnutzung und Ertrag deiner Cannabispflanzen.

🌟

Warum Pflanzentraining? Ziele und Vorteile

Pflanzentraining umfasst verschiedene Techniken, um das natürliche Wachstumsmuster von Cannabis zu manipulieren und zu optimieren. Unbehandelt neigen viele Cannabissorten dazu, einen dominanten Haupttrieb ("Weihnachtsbaumform") zu entwickeln, was zu einer ungleichen Lichtverteilung und kleineren Blüten an den unteren Seitentrieben führen kann.

Ziele des Pflanzentrainings:

  • Maximierung der Lichtausnutzung: Schaffung einer möglichst ebenen und breiten Blätterdecke (Canopy), damit alle Blütentriebe optimal mit Licht versorgt werden.
  • Ertragssteigerung: Durch die Förderung mehrerer gleichwertiger Hauptblüten (Colas) anstelle eines einzelnen dominanten Haupttriebs.
  • Höhenkontrolle: Wichtig bei begrenztem Platz im Grow-Zelt, um zu verhindern, dass Pflanzen zu nah an die Lampe wachsen.
  • Verbesserung der Luftzirkulation: Ein offeneres Blätterdach reduziert das Risiko von Schimmel und Schädlingsbefall.
  • Formung der Pflanze: Anpassung der Wuchsform an spezifische Anbausysteme (z.B. SCROG).

Die meisten Trainingstechniken werden während der vegetativen Phase angewendet, wenn die Pflanze noch flexibel ist und schnell auf Manipulationen reagieren kann. Einige sanfte Techniken können auch in der frühen Blütephase (während des "Stretch") fortgesetzt werden.

Low Stress Training (LST): Sanftes Formen

LST ist eine anfängerfreundliche und sehr effektive Methode, um die Pflanze zu formen, ohne sie starkem Stress auszusetzen.

Prinzip des LST:

Der Haupttrieb und später auch kräftige Seitentriebe werden sanft heruntergebogen und horizontal fixiert. Dies bricht die apikale Dominanz (die Tendenz der Pflanze, vor allem den obersten Trieb zu fördern) und regt die darunterliegenden Seitentriebe an, sich ebenfalls zu Haupttrieben zu entwickeln.

Vorgehen:

  • Zeitpunkt: Beginne, sobald die Pflanze ca. 3-5 echte Nodien hat und der Hauptstamm noch flexibel genug ist.
  • Material: Weicher Pflanzendraht (gummiert), Pflanzenclips, Kabelbinder (locker lassen!), oder spezielle LST-Clips. Befestigungspunkte können Löcher im Topfrand oder am Topf befestigte Stäbe sein.
  • Biege den Haupttrieb vorsichtig in einem Winkel von fast 90 Grad herunter und fixiere ihn. Achte darauf, den Stiel nicht zu knicken oder zu brechen!
  • Wenn Seitentriebe wachsen, biege auch diese nach außen, um eine offene, buschige Struktur zu erzeugen.
  • Passe die Fixierungen regelmäßig an, während die Pflanze wächst.

Vorteile von LST:

  • Geringer Stress für die Pflanze, kaum Wachstumsunterbrechung.
  • Führt zu vielen gleichmäßigen Blütenständen.
  • Gute Höhenkontrolle.
  • Kann während der gesamten vegetativen Phase und in der frühen Blüte (Stretch) angewendet werden.

Nachteile:

  • Kann bei vielen Pflanzen zeitaufwendig sein.
  • Erfordert regelmäßige Anpassung.
🌱

Topping & FIMing: Die apikale Dominanz brechen

Dies sind "High Stress Training" (HST)-Methoden, bei denen Teile der Pflanze entfernt werden, um das Wachstumsmuster zu verändern.

Topping (Kappen)

Beim Topping wird die oberste Triebspitze (der Vegetationspunkt) der Pflanze sauber abgeschnitten.

  • Zeitpunkt: Sobald die Pflanze 3-5 echte Nodien gebildet hat.
  • Vorgehen: Schneide den Haupttrieb direkt über einem Nodium (Blattpaar) ab. Verwende eine saubere, scharfe Schere oder ein Skalpell.
  • Ergebnis: Die beiden direkt unter dem Schnitt liegenden Seitentriebe entwickeln sich zu zwei neuen Haupttrieben. Die Pflanze wird buschiger.
  • Topping kann mehrmals wiederholt werden ("Multi-Topping"), um noch mehr Haupttriebe zu erzeugen. Gib der Pflanze nach jedem Topping einige Tage Erholungszeit.

FIM (Fuck I Missed)

Eine Variante des Toppings, bei der nicht die gesamte Triebspitze, sondern nur etwa 75-80% davon entfernt werden. Ziel ist es, die Pflanze zur Bildung von noch mehr (oft 3-8) neuen Haupttrieben anzuregen.

  • Vorgehen: Kneife oder schneide den obersten neuen Blattschopf ab, sodass ein kleiner Teil der jüngsten Blätter und des Vegetationspunktes stehen bleibt.
  • Ergebnis: Weniger vorhersagbar als Topping, kann aber zu sehr buschigen Pflanzen führen. Höheres Risiko, dass es nicht wie gewünscht funktioniert.

Wichtig bei Topping/FIM: Nur an gesunden, vitalen Pflanzen durchführen. Sauberes Werkzeug verwenden, um Infektionen zu vermeiden. Nicht zu spät in der vegetativen Phase anwenden, da die Pflanze Zeit zur Erholung und zum Ausbilden der neuen Triebe benötigt.

🥅

SCROG (Screen of Green): Die gleichmäßige Blätterdecke

SCROG ist eine fortgeschrittene Trainingstechnik, die oft in Kombination mit Topping und LST verwendet wird, um eine extrem gleichmäßige und produktive Blätterdecke zu erzeugen.

Prinzip und Vorgehen:

  • Ein horizontales Netz (Screen) mit Maschenweiten von ca. 5-15 cm wird einige Zentimeter über den Töpfen gespannt.
  • Die Pflanzen werden darunter platziert und ihre wachsenden Triebe (die durch vorheriges Topping/LST vermehrt wurden) werden aktiv durch die Maschen des Netzes geführt und horizontal verteilt ("tucking" oder "weaving").
  • Ziel ist es, die gesamte Netzfläche gleichmäßig mit Trieben zu füllen, bevor die Blüte eingeleitet wird. Alle Triebe befinden sich dann auf derselben Höhe und erhalten optimal Licht.
  • Während des Blütestretches werden die Triebe weiter durch das Netz geführt. Sobald der Stretch vorbei ist, wachsen die Blütenstände vertikal durch die Maschen nach oben.

Vorteile von SCROG:

  • Maximale Lichtausnutzung für alle Blüten.
  • Sehr hohe Erträge pro Fläche möglich.
  • Exzellente Höhenkontrolle.
  • Unterstützt schwere Blütenstände.

Nachteile:

  • Aufwendiger in der Vorbereitung und Durchführung.
  • Pflanzen sind nach dem Einwachsen ins Netz nicht mehr mobil.
  • Erfordert Geduld und Erfahrung.
🌿

Lollipopping & Defoliation: Energie gezielt lenken

Diese Techniken zielen darauf ab, die Energie der Pflanze auf die vielversprechendsten Blütentriebe zu konzentrieren.

Lollipopping

Entfernen aller unteren Blätter und kleinen Triebe ("Popcorn-Buds"), die im Schatten liegen und kaum Licht abbekommen. Dies geschieht typischerweise kurz vor oder in den ersten 1-2 Wochen der Blütephase (bis Ende des Stretches).

  • Die Pflanze sieht danach aus wie ein "Lollipop" – ein kahler Stiel unten, eine Krone aus Blättern und Blüten oben.
  • Lenkt die Energie der Pflanze in die oberen, gut beleuchteten Hauptblüten.
  • Verbessert die Luftzirkulation im unteren Bereich und reduziert Schimmelgefahr.

Selektive Defoliation

Das gezielte Entfernen von größeren Fächerblättern, die wichtige, sich entwickelnde Blütenstände direkt und stark verschatten. Dies sollte mit Bedacht und schrittweise erfolgen.

  • Wann: Kann in der späten vegetativen Phase und moderat bis etwa zur Mitte der Blütephase (ca. Blütewoche 4-5) durchgeführt werden.
  • Entferne niemals zu viele Blätter auf einmal, da Blätter für die Photosynthese und Energiespeicherung wichtig sind. Ein guter Richtwert ist, nicht mehr als 20-30% der gesamten Blattmasse auf einmal zu entfernen.
  • Fokus auf Blätter, die tatsächlich Licht blockieren und deren Entfernung die Lichtversorgung darunterliegender Blüten deutlich verbessert.

Sowohl Lollipopping als auch Defoliation sind Techniken, die Erfahrung erfordern. Beginne vorsichtig und beobachte die Reaktion deiner Pflanzen. Weniger ist oft mehr, besonders für Anfänger.