Willkommen in der wohl aufregendsten Phase der Harzlok-Rotation! Deine Elite-Pflanzen, sorgfältig in Zelt V1 vorbereitet, beziehen nun ihre jeweiligen Blütezelte (B1, B2 oder B3 – je nachdem, welches Zelt im Rotationsplan als nächstes frei wird) und werden auf den 12/12 Lichtzyklus umgestellt. Dieser Wechsel signalisiert den Pflanzen, ihre Energie von vegetativem Wachstum auf die Produktion von Blüten umzulenken. Ein präzises Management von Licht, Klima (insbesondere VPD), Nährstoffen und fortgeschrittenen Trainingstechniken ist jetzt entscheidend, um das volle genetische Potenzial deiner Pflanzen auszuschöpfen und Blüten von maximaler Qualität, Potenz und Ertrag zu erzielen.
Jede deiner bis zu drei gleichzeitig blühenden Pflanzen wird individuell in ihrem Zelt betreut und ihre Entwicklung akribisch in Formular F3 (Pflanzen-Protokoll Blütephase) dokumentiert. Diese Phase dauert je nach Sorte typischerweise 8 bis 12+ Wochen.
Kernaufgaben in Phase 3:
- Erfolgreiche Induktion der Blüte durch Umstellung auf 12/12 Licht.
- Management des "Stretch" (Wachstumsschub zu Beginn der Blüte).
- Optimierung der Umweltbedingungen (Temperatur, RH, VPD) für jede Blütephase.
- Präzise, phasenangepasste Nährstoffversorgung (Fokus auf P & K).
- Anwendung von Techniken wie Lollipopping und selektive Defoliation.
- Kontinuierliche Überwachung auf Schädlinge und Krankheiten (besonders Budrot/Grauschimmel).
- Vorbereitung auf die Ernte durch Beobachtung der Trichomreife.
Die Magie des 12/12-Zyklus
- Sobald eine Pflanze aus V1 in ihr Blütezelt transferiert wurde, stelle die Zeitschaltuhr für die Beleuchtung auf einen strikten Zyklus von 12 Stunden Licht und 12 Stunden absolute Dunkelheit um. Notiere das Umstellungsdatum in Formular F3.
- Absolut entscheidend: Die 12-stündige Dunkelphase darf unter keinen Umständen durch Licht unterbrochen werden! Jegliches Störlicht kann zu Stress, Hermaphroditismus oder einer Rückkehr in die vegetative Phase führen.
- Stelle deine Vollspektrum-LEDs auf die volle, für die Blütephase empfohlene Leistung ein. Das PPFD-Ziel an den obersten Blütenspitzen sollte idealerweise zwischen 700 und 1000 µmol/m²/s liegen. Höhere Werte sind nur mit CO₂-Anreicherung und viel Erfahrung sinnvoll.
Umgang mit dem "Stretch"
- Nach der Lichtumstellung auf 12/12 werden die meisten Cannabissorten einen deutlichen Wachstumsschub in die Höhe erfahren (der "Stretch"). Diese Phase kann 1 bis 3 Wochen andauern, manche Sativas stretchen auch länger. Die Pflanze kann ihre Höhe in dieser Zeit verdoppeln oder sogar verdreifachen.
- SCROG (Screen of Green): Wenn ein SCROG-Netz verwendet wird (oft schon in V1 vorbereitet), führe die wachsenden Triebe während des Stretches aktiv weiter horizontal durch die Maschen, um eine gleichmäßige Blütenhöhe zu erreichen.
- LST (Low Stress Training): Auch ohne SCROG-Netz kann LST während des Stretches weitergeführt werden, um die Höhe zu kontrollieren und Seitentriebe optimal zu positionieren.
- Plane den Stretch bei deiner Höhenkalkulation im Zelt unbedingt ein, um zu verhindern, dass die Pflanzen zu nah an die Lampe wachsen.
Ein stabiles und für die jeweilige Blütephase optimiertes Klima ist entscheidend für gesunde Pflanzen, maximale Harzproduktion und die Vermeidung von Problemen wie Schimmel. Dokumentiere die Werte täglich in Formular F3.
Phasenangepasste Temperatur und Luftfeuchtigkeit (RH)
- Frühe Blüte / Stretch (Blütewoche 1-3):
- Tagestemperatur: 22-26°C. Nachttemperatur: 18-22°C.
- Relative Luftfeuchtigkeit (RH): 50-60%. (VPD-Ziel: ca. 1.0 - 1.3 kPa).
- Hochblüte (Blütenbildung, ca. Blütewoche 4 bis 2 Wochen vor Ernte):
- Tagestemperatur: 21-25°C. Nachttemperatur: 18-21°C.
- Relative Luftfeuchtigkeit (RH): Schrittweise auf 45-55% senken. (VPD-Ziel: ca. 1.1 - 1.4 kPa).
- Spätblüte / Reifephase (letzte 2 Wochen vor Ernte):
- Tagestemperatur: 20-24°C. Nachttemperatur: 17-20°C (kann Terpenproduktion fördern).
- Relative Luftfeuchtigkeit (RH): Weiter auf 40-50% reduzieren. (VPD-Ziel: ca. 1.2 - 1.6 kPa). Dies ist kritisch zur Schimmelprävention!
Luftzirkulation und VPD-Management
Sorge für eine exzellente, aber indirekte Umluft durch oszillierende Ventilatoren, um Mikroklimata in der dichten Blätter- und Blütenmasse zu vermeiden. Nutze Online-VPD-Rechner oder Tabellen, um die Kombination aus Temperatur und RH für deinen Ziel-VPD zu finden und deine Klimageräte (Abluft, ggf. Entfeuchter) entsprechend präzise zu steuern.
In der Blütephase ändert sich der Nährstoffbedarf der Pflanzen: Der Bedarf an Stickstoff (N) sinkt, während der Bedarf an Phosphor (P) und Kalium (K) stark ansteigt. Dokumentiere alle Nährstoffgaben in Formular F3.
Nährstoffstrategie (Beispiel CANNA COCO Linie)
- Wechsle unmittelbar mit der Lichtumstellung auf das CANNA COCO Blüteschema (COCO A+B für die Blüte).
- CANNA CALMAG AGENT weiterhin nach Bedarf verwenden, besonders bei der Nutzung von Osmosewasser oder sehr weichem Leitungswasser.
- CANNA PK 13/14: Ein hochkonzentrierter Phosphor-Kalium-Booster. Einsatz typischerweise ab deutlichem Blütenansatz (ca. Blütewoche 3 oder 4, wenn die ersten "Pompoms" gut sichtbar sind) für eine begrenzte Zeit (meist 2-3 Wochen) gemäß Herstellerschema. Nicht überdosieren!
- Optionale Zusätze: CANNA BOOST ACCELERATOR kann die Blütenbildung und Reifung unterstützen. CANNAZYM hilft, abgestorbene Wurzelteile abzubauen und das Substrat gesund zu halten.
- pH-Wert Nährlösung: Konstant im optimalen Bereich für Coco von 5.8 - 6.2 halten.
- EC-Wert Nährlösung: Kann in der Hochblüte auf Werte von 1.8 - 2.4 mS/cm (oder sogar leicht höher bei sehr lichthungrigen Sorten und erfahrenen Growern) ansteigen. Steigere den EC-Wert immer langsam und beobachte die Pflanzenreaktion.
- Drain-Management: Bei jeder oder jeder zweiten Bewässerung mit 10-20% Drain gießen. pH- und EC-Wert des Drains regelmäßig prüfen. Ist der Drain-EC signifikant höher als der EC der Nährlösung, deutet dies auf Salzansammlungen im Substrat hin – dann mit pH-reguliertem Wasser oder einer sehr niedrig konzentrierten Nährlösung spülen.
- Bewässerung (z.B. mit Tropfbewässerung): Ermöglicht High-Frequency Fertigation (mehrmals täglich kleine Mengen Nährlösung während der Lichtphase), was auf Coco sehr vorteilhaft ist.
Kontinuierliche Aufmerksamkeit und gezielte Pflege sind auch in der Blütephase wichtig, um das Licht optimal zu nutzen und Problemen vorzubeugen.
Lollipopping & Defoliation
- Lollipopping: Entfernung aller unteren Triebe und Blätter, die wenig Licht abbekommen und nur kleine, unbedeutende Blüten ("Popcorn-Buds") produzieren würden. Dies sollte idealerweise bis spätestens Ende der zweiten, maximal dritten Blütewoche abgeschlossen sein, um der Pflanze Stress in der späteren Blütenentwicklung zu ersparen. Die Pflanze konzentriert ihre Energie dann auf die oberen, gut belichteten Blütenstände.
- Selektive Defoliation: Moderates Entfernen einzelner großer Fächerblätter, die primäre Blütenstände stark verschatten und die Luftzirkulation behindern. Nur wenn unbedingt nötig und nicht zu viele auf einmal. Maximal bis ca. Blütewoche 4-5 durchführen. In der späten Blüte keine Blätter mehr entfernen, es sei denn, sie sind krank.
Unterstützung & Gesundheitscheck
- Unterstützung schwerer Blüten: Besonders bei ertragreichen Sorten können die Blütenstände so schwer werden, dass die Zweige unter der Last brechen oder sich stark biegen. Verwende Pflanzenstützen, Jojos oder ein Stütznetz (zweites Netz über dem SCROG-Netz), um die Triebe zu stabilisieren.
- Tägliche Gesundheitsinspektion: Achte sehr genau auf Anzeichen von Schädlingen (besonders Spinnmilben in trockener Luft), Schimmel (Budrot/Grauschimmel, besonders in dichten Blüten bei zu hoher RH) und Nährstoffproblemen. Frühzeitiges Erkennen ist entscheidend.
Spülen (Flushing) vor der Ernte
Eine verbreitete Praxis ist das "Spülen" der Pflanzen in den letzten 7 bis 14 Tagen vor der geplanten Ernte. Dabei wird kein Stickstoffdünger mehr gegeben und nur noch pH 6.5 Nährstofflösung für Coco mit wenig Nährstoffen (Calcium, Magnesium und Kalium) gegossen. Ziel ist es, überschüssige Nährsalze aus dem Substrat und der Pflanze zu entfernen, was zu einem reineren Geschmack und sanfteren Rauch beitragen soll. Bei Coco und gutem Drain-Management während des gesamten Zyklus kann ein kürzerer Flush (3-7 Tage) ausreichen oder bei manchen Düngerlinien sogar darauf verzichtet werden.
Konstanz ist König! Vermeide starke Schwankungen im Klima und in der Nährstoffgabe. Jede blühende Pflanze wird mit all ihren spezifischen Daten und Beobachtungen detailliert in Formular F3 dokumentiert.